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Die Geschichte des Xiangqi in China

Die Anfänge des XiangQi

Am Anfang (ca. 4000 v. Chr.) war das Ur-Go. Das brachte den Ur-Chinesen spielerisch das strategische Denken bei. Ab 2000 v. Chr. wurde Weiqi (=Go) würfellos gespielt. In der Zeit ab ca. 750 v. Chr. begann in China eine Zeit, in der absolut herrschende Fürsten um den Titel des Kaisers zu kämpfen begannen. Inzwischen war der Kriegswagen „aus dem Westen“ importiert worden, aus den Kämpfen mit den Hunnen hatte man Reiten gelernt. Es entwickelten sich Spiele, die diesem Zeitgeist entsprachen. Die Steine wurden nicht mehr gesetzt, sondern bewegt. Ihre Bewegungsart schaute man sich von der Setzweise des Go ab: schräg oder über einen Kreuzungspunkt diagonal (angelegt bzw. gezogen), über einen Kreuzungspunkt und dann schräg, über ganze Linien und Reihen gerade, einen Schritt vom nächsten entfernt: diese 5 Bewegungsarten waren die Urschachzüge. Mit dem Tod des Hauptsteins (Fürsten) war alles sofort beendet: das war die neue Qualität im Spiel! So entschieden sich die Machtkämpfe im Reich.

Um die Zeit des Konfuzius (ca. 500 v. Chr.) finden wir die die ersten Ausgrabungen von Spielen, von deren zahlreichen Varianten einige die vorher erwähnten Ur-Züge weiter kreativ gestalteten. Bei den Zügen waren Würfel mit im Spiel, doch gibt es Hinweise, dass ab ca. 100 v.Chr. die Würfel langsam wegfielen.

Für 569 n. Chr. liegt uns ein erster Bericht über solch ein Spiel vor: die „Erfindung des Kaisers Wu“. Im Gegensatz zu der sonst üblichen gewürfelten Spielweise auf den Linien mit Steinen sollen Figuren ohne zu würfeln auf Feldern(!) bewegt worden sein. Auf diese Art wurde es mehrere Jahrhunderte gespielt, wobei die Anzahl der Figuren unklar ist und der „König“ nicht in der Mitte stand. Im Jahre 742 wird bei einer Ausgrabung ein solches Spiel in Gold entdeckt und eingeschmolzen. Nur ein Bericht darüber liegt vor.

Xiangqi nimmt die heutige Form an

Eine „neokonfuzianistische Rückbesinnungs-Bewegung“ (ab ca. 960 n.Chr.) brachte auf Befehl des Kaisers durch die vereinigte Anstrengung von Ministern, Philosophen, Spieleforschern und Buchautoren das Spiel hervor, das 300 Jahre später Xiangqi genannt wurde. Es wurde nun auf Linien gespielt und bekam Fluss und Palast als „typisch chinesische“ Elemente verpasst. Es enthielt anfangs keine Kanonen, der „Elefant“ ist möglicherweise nur eine Fehlinterpretation des lautgleichen Zeichens für Minister (Xiang), das auf den roten Spielsteinen steht. Allerdings waren die Chinesen in der Zwischenzeit auch mit den Arabern bekannt geworden, die schon Shantranji spielten: jene Art von Schach, die sie von den Persern übernommen hatten und in der „Kriegselefanten“ vorkamen. In China wurden jedoch Elefanten nie für Kriegszwecke eingesetzt.

Die Kanone war eine eigenständige Entdeckung oder Erfindung chinesischer Spieleforscher. Sie kommt ab 1000 n. Chr. vereinzelt vor und verlieh dem Spiel die Dynamik, die die Dameumwandlung dem inzwischen abendländisierten „Schachzabel“ 500 Jahre später verschaffte. Eine XQ-Liebhaberin (!) aus dem 12. Jhrdt. ist uns mit ihren Tagebüchern erhalten geblieben. Xiangqi wurde zum beliebtesten Spiel, fand Eingang in den Palast und wurde theoretisch studiert (erste Endspielsammlung um 1250 von Wen Tianxing), Daraus und aus einer in einer Zeitschrift veröffentlichten Partiemitschrift geht hervor, dass das Spiel von da an Xiangqi heißt und nach den uns heute bekannten Regeln gespielt wird.

Einzelne Erzählungen von Wettkämpfen zwischen regional erfolgreichen Spielern gibt es vereinzelt immer wieder. Besonderer Beliebtheit erfreute sich das „Kunstxiangqi“, das mit unserem Problemschach vergleichbar ist. Der Löser wird aufgefordert den besten Zug zu finden, der durch alle Varianten hindurch die Vorhand bis zum geforderten Ergebnis sichert.

Es erschienen nun auch zahlreiche Endspielbücher und Weg weisende Eröffnungsuntersuchungen, die schon „Modewellen“ im Spielstil auslösen konnten.

Xiangqi in der Moderne

Aber erst an der Schwelle zum 20. Jahrhundert war die Infrastruktur in China soweit, dass auch Provinzen übergreifende Kommunikation für das „gewöhnliche Volk“ möglich wurde. Aus dieser Zeit stammen die ersten zusammenhängenden „Reportagen“ über Begegnungen und Wettkämpfe.

Eine große Schwierigkeit bereitete die Frage einer allgemein anerkannten Notation. Hier ist es das große Verdienst des großen XiangqiMeisters Xie Xiaxun die Lösung gefunden zu haben, die noch heute in China in Gebrauch ist (Er erfand auch das uns aus berühmten Wettkämpfen bekannte Demonstrationsbrett. Ihm wurde diese Idee vom „Westen“ schlicht „geklaut“).

Die ersten 30 Jahre des 20. Jahrhunderts brachten in China – wie gleichzeitig auch im Westen - eine Anzahl Aufsehen erregender Meister hervor, die richtungsweisend für eine ganze Epoche waren. Während diese Epoche „im Westen“ in der sowjetischen Schachschule ihren Höhepunkt fand, landete sie in China in der Katastrophe. Bürgerkrieg, Krieg, japanische Invasion, gleichzeitiger und nachträglicher neuer Bürgerkrieg hatten bis 1949 das Land nachhaltig ruiniert. Fast alle berühmten Meister waren tot (nur Xie Xiaxun überlebte und wurde 100 Jahre alt), Bücher und theoretische Schriften waren verstreut, beschädigt oder verbrannt.

Die Arbeit begann mit Sammeln und Sichten. Erst Mitte der 50er Jahre gründeten sich Klubs und der Chinesische Xiangqi-Bund (CXF) begann mit der Definition des Regelwerks. Schließlich begannen die ersten nationalen Turniere von Einzel- und Mannschaftsmeisterschaften. Eine Verbannung aus dem öffentlichen Leben erlebte das Xiangqi während der Kulturrevolution (1966 – 78), doch blieb seine Popularität ungebrochen und erlebte einen neuen Aufschwung in den achtziger Jahren.

Heute werden Xiangqi-Turniere im Fernsehen übertragen oder können als Live-Streams empfangen werden. Die Preisgelder sind für westliche Verhältnisse traumhaft. Es gibt asienweite Veranstaltungen im Geistessport, auf denen sich Go-, Schach-, Dame- (natürlich Xiangqi- und Shogi-) Spieler mit chinesischen Geisteskünstlern messen können. Zur großen Schadenfreude in ganz Asien ist die Teilnahme aus Europa gering und nicht selten blamabel erfolglos.

Rainer Schmidt
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